Das Auf und Ab an der Pässefahrt des RV Ersigen 2020

Das Auf und Ab an der Pässefahrt des RV Ersigen 2020

(Stefan Gfeller)

Nach einigen Unsicherheiten im Frühling, verkündete Pescheam 08. Juni, dass der RV Ersigen auch dieses Jahr eine Pässefahrt in Angriff nimmt. Am Samstag, den 4. Juli 2020 um 7.47 Uhr war es soweit: die Pässefahrt 2020 des RV Ersigen startete am Brienzersee. Am Anfang waren folgende Protagonisten mit dabei: Simone, Jörg, Denis, Dänu, Pesche, Ädu, Pädu, Mätthu, Küsu, Christof, Heinz, Reinold, Andre und ich mit unserem Super-Begleiter Rämsi. Gemäss Planung von Pesche sollte uns der erste Tag 4570 Höhenmeter auf 142 km verteilt, bescheren.

Das Ziel des ersten Tages lag etwas unterhalb der Passhöhe des Lukmaniers. Gemächlich fuhren wir durch die morgendliche Ruhe mit den ersten Sonnenstrahlen bei stahlblauem Himmel gegen Innertkirchen, wobei wir im Halbschlaf den ersten Pass überquerten, den Chirchen bei der Aareschlucht. Bald darauf wurde uns der Sinn unserer 2-tägigen Ausfahrt bewusst: es ging steil gegen die Passhöhe der Grimsel. Die Gespräche wurden weniger und leiser, bis sie verstummten und dann das eigene Keuchen nebst den knatternden Motorrädern die Geräuschkulisse für die nächsten 2 Tage einläutete. Jeder und Jede fuhr in seinem Tempo und hatte Zeit sich an diesem Samstagmorgen zu entfalten. Vorbei an wunderschönen Wäldern und Wiesen erreichten wir mit starkem Gegenwind die schöne aber karge Steinlandschaft im Grimselgebiet bis wir schlussendlich den ersten richtigen Pass eroberten (42.7 km, 2164 m. ü. M., 8° C). Oben angekommen war das Wetter alles andere als Sonnenschein, dichte Wolken hinderten die wärmenden Strahlen daran, unsere schwitzenden Körper zu trocken und aufzuheizen. Dass es nicht bei jeder Passankunft erwähnt werden muss: Pädu erreichte jeweils immer als erster die Passhöhe und baute dafür für die anderen ein leckeres Buffet auf… 😉

Nach einer kurzen Stärkung auf der Grimsel ging es schlotternd Richtung Glescht, um sich im nachfolgenden Anstieg auf die Furka wieder zu erwärmen. Eine Konstante am Strassenrand war Rämsi, mit dem Handy bewaffnet zum Fotografieren und Filmen, gab es auch immer wieder ein «supper!», «hopp!» als Motivation.

Nach dem kurzen Anstieg auf die Furka (59 km, 2429 m. ü. M., 21° C) freuten wir uns über die lange Abfahrt bis Andermatt. Dieses rasante Ereignis sollte von Ädu mit einerGoPro festgehalten werden. Anstelle einer zügigen Fahrt wurde es zu einer gemächlichen Panoramatour hinter den Touristen aus aller Welt. Bei Kilometer 79.5 erreichten wir Andermatt und legten unseren Mittagsrast ein. Im Hotel Aurora sonnten wir uns auf der Terrasse und stärkten uns mehrheitlich mit leckerer Pasta. Vollgetankt nahmen wir den nächsten Hoger in Angriff, jedoch ohne Denis und Dänu. Sie konnten leider nur einen Tag mit von der Partie sein und fuhren via Susten wieder zurück nach Brienz!

Die 12 übriggeblieben Rennradbegeisterten und deren treuer Begleiter Rämsi nahmen den Oberalp wie im Flug. Der kurze Aufstieg nach dem Mittag war etwas anstrengend, jedoch wurden wir mit einem wunderbaren Blick über den Oberalpsee inkl. Leuchtturm belohnt (90.7 km, 2044 m. ü. M., 24° C). Nach dem Start im Kanton Bern, durchquerten wir das Wallis, anschliessend Uri und auf dem Oberalp erreichten wir nun in den wunderschönen Kanton Graubünden. Auf dem Oberalp hatte Küsu die erste leichte Panne: ein Schleicher am Vorderrad, verursacht von einer Speiche welche sich dem Felgenband widersetzte. Nach einem Boxenstopp konnten wir die lange und schöne Abfahrt in Angriff nehmen, dieses Mal mehrheitlich ohne touristisches Beigemüse und dazu noch am Heimatort von Pädu vorbei… Leider realisierten die Bewohner nicht, dass ihr Radprofi vorbeiflitzte und somit verlief das Ganze unspektakulär. Unten in Disentis angekommen, stand uns der letzte Pass des ersten Tages bevor. Die Beine bereits etwas Müde, der Kopf nicht mehr so fit wie am Morgen und mit der prallen Sonne war der Aufstieg auf den Lukmaniereine Herausforderung. Zudem kamen hier die von Peschegeplanten Höhenmeter ins Spiel… Auf dem Garmin zeigte es knapp 3000 zurückgelegte Höhenmeter an, also noch mehr als 1500 Höhenmeter fällig. Disentis mit gut 1000 und der Lukmanierpass mit knapp 2000 m. ü. M., da fehlen also noch rund 600 Höhenmeter. Mit einem etwas mulmigen Gefühl wo sich die 600 Höhenmeter wohl noch verstecken könnten, kämpfte ich mich den Lukmanier hoch, welcher zum Glück wirklich nicht höher als 1972 m. ü. M. ist! Da Küsu in Disentis seinen Defekt fachmännisch reparieren liess, hatten auch die langsameren Bergfahrer mal ausgiebig Zeit, sich auf der Passhöhe des Lukmaniers zu erholen (128.8 km, 1972 m. ü. M., 27° C). Ein besonders schönes Gespann war jeweils Jörg und Simone: Jörg, topfit, kein Gewicht an den Lenden hatte mehr als genügend Reserven um seine Simone unterstützend den Berg hochzuschieben oder zu ziehen, Chapeau! Während der Wartezeit wurden auch unsere Sieger mit Blumen von Rämsi beschenkt: Pädu als schnellster Mann und Simone als schnellste Frau, beide holten jeden Bergpreis.

Ohne wirkliche Pause für Küsu, da er noch topfit aussah bei seiner Ankunft, machten wir uns an die letzte Abfahrt des Tages. Wir düsten runter bis auf 1428 m. ü. M. zur CampraAlpine Lodge & Spa, eine wunderschöne und empfehlenswerte Unterkunft, unser wohlverdientes Tagesziel.

Am Ende des ersten Tages stand auf dem Garmin: 139.6 km, 3749 Höhenmeter. Glücklicherweise stimmten die 4570 geplanten Höhenmeter nicht, denn ich hätte mich an diesem Tag nicht noch einen weiteren Berg raufquälen können.

Nach dem Zimmerbezug reinigten wir uns vom Schweiss, dem Salz und Strassendreck und liessen unsere Beine auf der Sonnenterrasse bei einem Bier baumeln.

Beim anschliessenden Nachtessen machten wir sehr grosse Augen ob den sehr kleinen Portionen beim Hauptgang. Neidisch begutachteten wir die grossen gutaussehenden Burger vom Nachbartisch… Glücklicherweise wurde uns noch Nachschlag angeboten und die sehr feinen Pastas fanden schnell den Weg in die hungrigen Mäuler.

 

Da leider keine Bar in der Nähe auszumachen war, entschieden sich die Meisten bereits um 10.00 Uhr das kuschlige Bett aufzusuchen. Je nach Zimmergenossen war der Schlaf mehr oder weniger erholsam, welchen wohl alle dringend für den nächsten Tag brauchen konnten.

 

Am Sonntagmorgen eröffnete die Campra Lodge extra wegen uns das Frühstücksbuffet bereits um 07.00 Uhr. Mit feinem Brot, frischen Gipfeli, Butter, Konfi, selbstgemachten Müesli und Joghurt, Eiern, Käse und Fleisch füllten wir unsere Bäuche und Energiedepots.

 

Bereits kurz nach 08.00 Uhr starteten wir in den 2. Tag der Pässefahrt, wobei die ersten gut 30 km nur bergab gingen. Die hohe Durchschnittsgeschwindigkeit dieser Strecke (über 50 km/h) konnten wir leider nicht bis am Sonntagabend halten… Die geplante Route am Sonntag versprach 166 km und 4910 Höhenmeter. Da die Höhenvorgabe vom Samstag etwas zu hoch war, machte dies einem Mut, da wir mit weniger Höhenmetern rechneten. Dieser Mut verliess mich jedoch beim Aufstieg auf den Nufenen. Das ist wohl der längste Anstieg am Stück, welchen ich bisher zurückgelegt habe: von gut 300 m. ü. M. in Biasca bis auf knapp 2500 m. ü. M. Auch an diesem Tag änderte sich nichts beim Bergauffahren: meistens alleine, keuchend (oder eher schnaubend) der sengenden Hitze ausgesetzt, erneut vorbeirauschende knatternde Motorräder und Touristen mit dem Auto, die nicht wissen wie man anständig überholt… Zwischendurch waren da Gedanken: WIESO tust du dir das an? Das haben sich die Überholenden wohl auch gefragt. Jedoch ist das Glücksgefühl oben auf dem Nufenen anzukommen einfach unbeschreiblich, gegen nichts in der Welt umzutauschen. Wie uns Rämsimitteilte: «Jobs füllen deine Brieftasche, Abenteuer füllen deine Seele». Genau so hat sich die langersehnte Ankunft nach dem strengen Aufstieg auf den Nufenen angefühlt (92.2 km, 2476 m. ü. M., 25°C). Während der Abfahrt wurde es mit jedem verlorenen Höhenmeter wärmer. Bis wir Ulrichen erreichten, war es in meinem Windstopper wie in einem Dampfbad. Bei einem ausgiebigen Mittagsrast in Ulrichen sahen alle, bis auf Rämsi, etwas müde aus, Pesche wäre am liebsten am Mittagstisch eingeschlafen. Jedoch war die Vorfreude es bald geschafft zu haben grösser und dank der Energie aus den Pastas schwangen wir uns voller Freude wieder auf die Rennräder, wobei dann die ersten paar Meter besonders zäh waren. Zudem war es das erste Mal auf der Pässefahrt, dass wir uns verfuhren. Glücklicherweise stellten wir nach ca. 200 Meter fest, dass der gewählte Weg nicht wirklich rennradtauglich war und auf der anderen Bachseite der wunderbare Asphalt auf uns wartete. In Ulrichen trennten sich wieder zwei von uns, aber dies war geplant. Jörg und Simone verbrachten ihre ersten 2 Ferientage mit uns und reisten von Ulrichen aus mit dem Zug in die Lenzerheide. So waren wir mit Rämsi noch 11 Übriggebliebene und die weibliche Vernunft liess uns ab da auch im Stich (Bspw. Sonnencréme… J). Im Gegenwind kämpften wir uns Richtung Anstieg nach Gletsch. Kaum ging es in die ersten Haarnadelkurven trennte sich wiederum die Spreu vom Weizen. Die Bergspezialisten waren schon ausgeruht auf dem Grimsel als die Letzten keuchend Gletsch erreichten. Jedoch war der Anstieg kaum der Rede wert und alle erreichtenüberglücklich, aber auch erschöpft den letzten grossen Pass, die Grimsel, welche sich nun deutlich freundlicher zeigte als noch am Samstag (124 km, 2164 m. ü. M., 24°C). Nach einer letzten Stärkung und einem ausgiebigen Toilettenbesuch freuten wir uns auf die lange Abfahrt bis nach Innertkirchen.

Auf den Plateaus bei der Abfahrt hiess es dann doch noch etwas pedalen. In Innertkirchen besammelten wir uns, um den letzen Hoger gemeinsam zu bestreiten. Angeführt vom Präsidenten ging es in zügigem Tempo neben dem Eingang der Aareschlucht vorbei über den Chirchen, definitiv die letzten Höhenmeter bis ins Ziel. Ab jetzt hiess es: rollen lassen uns ausfahren. Zufrieden, unfallfrei, überglücklich, erschöpft, leer und etwas brauner (oder röter…) erreichten wir unseren Ausgangspunkt in Brienz.

Nach dem 2. Tag stand auf dem Garmin: 166.2 km, 3056Höhenmeter. Glücklicherweise auch nicht so vieleHöhenmeter wie gemäss Planung. Je nach Messmethode, ob barometrisch oder geodatenbasiert unterschieden sich die Angaben betreffend der Höhe erheblich. In diesem Fall war es glücklicherweise effektiv jeweils weniger.

 

Am Ziel angekommen nutzten einige die erfrischende Möglichkeit sich im Brienzersee zu reinigen und abzukühlen. Das ganze Gepäck und die Fahrräder wurden wieder verladen und das grosse Abenteuer mit dem vielen Auf und Ab, ob psychisch oder physisch, war nun vollendet. Leider hatten an diesem Sonntag noch viele andere Personen die Idee das schöne Wetter im Oberland zu geniessen. So kam es, dass wir auf der Nachhausefahrt zu Beginn eine geringere Durchschnittsgeschwindigkeit als auf dem Rad erreichten… So hatten wir aber die Möglichkeit uns gemächlich von den Bergen zu verabschieden. J

 

Mit unzähligen wunderschönen Eindrücken und der super Kameradschaft auf dem Rad werden mir diese beiden unvergesslichen Tage in sehr guter Erinnerung bleiben.

An das Organisationsteam Pesche und Ädu sowie dem Begleiter Rämsi ein riesiges Dankeschön! Ihr habt das super gemacht, nächstes Jahr will ich wieder dabei sein, wenn es heisst: Pässefahrt RVE 2021!

Kommentare sind geschlossen.